Universes in Universe

Für eine optimale Ansicht unserer Website drehen Sie Ihr Tablet bitte horizontal.

Kollwitz-Leuchtkasten

Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz

Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz

Denkzeichen am Ort des einstigen Wohnhauses von Karl und Käthe Kollwitz am Kollwitzplatz in Berlin, 1997 - 2005

Über das Projekt

Mit diesem Projekt gewann Pat Binder 1997 den vom Kulturamt Prenzlauer Berg ausgeschriebenen Wettbewerb für ein zeitgenössisches Denkzeichen am Ort des einstigen Wohnhauses von Karl und Käthe Kollwitz. Jahrelang erinnerte eine Plastik, die Käthe Kollwitz zugeschrieben wird, an das 1943 von einer Bombe zerstörte Haus. Als an dem Ort am Kollwitzplatz ein Neubau entstehen sollte, fand die Mutter mit zwei Kindern nach der Restaurierung einen geschützten Platz auf dem Gelände des Bezirksamts Prenzlauer Berg.

Die Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz bestand aus einem normalerweise für Werbung bestimmten Leuchtkasten vor dem Haus Kollwitzstraße 56A (Ecke Knaackstraße). Von Oktober 1997 bis Dezember 2005 zeigte Pat Binder dort jeweils für 3 Monate eine als großformatiger UV-Siebdruck (118 cm x 175 cm) produzierte Arbeit von Künstlerkolleginnen und –kollegen. In einem unserer Zeit gemäßen Sinne sind die Kunstwerke dem humanistischen Geist des Schaffens von Käthe Kollwitz verpflichtet. Damit entstand am Kollwitzplatz ein lebendiges Denkzeichen und eine neue Möglichkeit der Kunstpräsentation im urbanen Raum. Die Öffentlichkeitsarbeit und die Eröffnungsabende waren ebenso Bestandteile des Projekts wie die Herstellung einer Siebdruckedition für die Ausstellenden. Nach dem Ende der "kleinsten Galerie Berlins" ist diese Grafiksammlung ein bleibendes Zeugnis des Denkzeichens für Karl und Käthe Kollwitz.

Thomas Flierl, damaliger Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur bezeichnete Pat Binders Projekt als "zweifellos eines der besonders gelungenen Beispiele öffentlicher Erinnerungskultur, die sich der Diskussion nicht nur nicht verweigert, sondern zu dieser ausdrücklich einlädt und diese zugleich aushält. Inzwischen kann es auch international als ein Referenzprojekt diskursiver Erinnerungskultur gelten."

René Francisco: ca(s/z)a.persona.beuys. Ausgestellt 13. August - 17. Dezember 2003.
© Foto: Binder & Haupt
Helga Paris (links) signiert ihre Arbeit "Kollwitzstraße 1982", gezeigt 9. Mai bis 5. August 2001.
© Foto: Binder & Haupt
Pat Binder hängt die Arbeit von Helga Paris in den Leuchtkasten, 9. Mai 2001.
© Foto: Binder & Haupt
Helga Paris (rechts im Bild): Kollwitzstraße 1982. Ausgestellt 9. Mai - 5. August 2001.
© Foto: Binder & Haupt
Pat Binder begrüßt die Gäste zur Eröffnung der Arbeit von Helga Paris am 9. Mai 2001.
© Foto: Binder & Haupt
Eröffnung der Arbeit von Urs Jaeggi am 9. August 2000.
© Foto: Marc Berger
Rafael Lozano-Hemmer signiert seine Arbeit "Airport Cluster", ausgestellt 7. Februar - 6. Mai 2001.
© Foto: Binder & Haupt
Aura Rosenberg: Aus eigener Kraft. Ausgestellt 21. Mai - 17. August 2003.
© Foto: Binder & Haupt
Tarek Al-Ghoussein: Self Portrait 2 (Looking at Palestine). Ausgestellt 13. Oktober - 13. Dezember 2004.
© Foto: Binder & Haupt
Pat Binder: Augenblick, bitte.... Ausgestellt 15. September 1999 - 15. Januar 2000
© Foto: Binder & Haupt
Ausstellung "29 x Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz" zum Abschluss des Projekts. Museum Pankow, 10. Dezember 2005 - 28. Januar 2006.
© Foto: Binder & Haupt
Ausstellung "29 x Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz" zum Abschluss des Projekts. Museum Pankow, 10. Dezember 2005 - 28. Januar 2006.
© Foto: Binder & Haupt
ZoomNextPrev

Künstlerinnen und Künstler

Aus einem Interview mit Pat Binder:

Bei der Projektentwicklung waren folgende Grundgedanken für mich wichtig: Gewohnheit und Alltagshektik machen Kunst im öffentlichen Raum unsichtbar. Ein ‚Denkzeichen‘ verschwindet vor der Wahrnehmung sehr schnell, nachdem es gesetzt wurde und Gedenken findet dann nicht mehr statt. Wie kann es aber mit ‚Leben‘ erfüllt werden, wie kann das Gedenken wach gehalten werden? Das Publikum, das das Werk ansprechen soll, ist ein sehr breites. Wie erreicht man es? Wie kann sich das Werk in einer Vielschichtigkeit aufblättern, die sowohl die Kunstelite als auch Anwohner und Passanten „anlockt“ und zum Nachdenken anregt oder deren Neugierde weckt, mehr über seinen Sinn und sein Anliegen erfahren zu wollen? Wie kann das Werk die informative und didaktische Funktion erfüllen, die viele von ihm erwarten? Ein Denkzeichen ist in einem bestimmten örtlich-zeitlichen Kontext verankert, in diesem Falle ist es der Bezirk Prenzlauer Berg in der Nachwendezeit. Als ausländischer Neuankömmling spürte ich sehr stark die Spannungen, die die Veränderungen mit sich brachten. Könnte das Werk nicht auch eine ‚integrative‘ Rolle spielen?

Um sich all diesen Fragen annähern zu können, fand ich ein statisches Kunstobjekt unzureichend. Für mich sollte das Denkzeichen kein Kollwitz-Ersatz, keine Kollwitznachahmung, kein Grabstein und kein Architekturdekor sein. Also kein Kunst-‚Produkt‘, sondern ein lebendiges, unvollendetes, entwicklungsfähiges Konzept, das als dynamischer Wahrnehmungsraum viele Menschen ansprechen sollte, die dadurch Teil des Denkzeichens werden sollten; ein integratives Projekt, bei dem viele Perspektiven einbezogen werden könnten und das sich im Laufe der Zeit in verschiedene Richtungen entfalten und Bedeutungen herausbilden könnte. Ich suchte nach einer künstlerischen Lösung, nach Erinnerungsstrategien, die eine Brücke zwischen dem humanistischen, gesellschaftskritischen Geist des Schaffens von Käthe Kollwitz und unserer heutigen Zeit schlägt.

Beim Kollwitz-Denkzeichen interessiert es mich u.a., dass ein einziges Kunstwerk/Kunstprojekt zugleich individuell und kollektiv, lokal und global, real und virtuell, Unikat und Reproduktion, für Fach- und Allgemeinpublikum, sichtbar Tag und Nacht, Denkmal, Galerie, Edition, Sammlung, Wanderausstellung, Kunstförderung, Kunstvermittlungsinstrument, Sponsoringstrategie, Treffpunkt im urbanen Raum und eine Unterstützung gemeinnütziger Projekte sein kann.

Für mich ist es heutzutage wichtiger und auch im Sinne von Käthe Kollwitz ‚wirksamer‘, statt Kunstprodukte für den Kunstmarkt herzustellen, Kunstkonzepte zu entwickeln, Diskussionen anzuregen, Dialoge und Verständigungsprozesse zu fördern und Kooperationsnetzwerke zu schaffen.

Mit der Ausstellung 29 x Foto/Graphik Galerie Käthe Kollwitz im Museum Pankow, 10. Dezember 2005 - 28. Januar 2006, wurde dieses Projekt beendet. Im Katalog sind alle ausgestellten Arbeiten mit Informationen zu den Künstlerinnen und Künstlern sowie das Interview mit Pat Binder und weitere Texte veröffentlicht.
[Katalog als pdf-Datei]

Pat Binder

Kunstprojekte und -objekte, Installationen, Kunst im öffentlichen Raum, Kunst und Gedenken.

Zurück nach oben